Lyrik des Naturalismus

Die wesentlichsten Probleme, die von der naturalistischen Lyrik behandelt wurden, lauten "Soziale Frage" und Großstadt. Obwohl die Großstadtlyrik z.B. schon zur Hälfte des 19. Jahrhunderts in Paris auftrat, wurde das Sujet erst von den Naturalisten lyrisch erfasst. Die Probleme der urbanen Lebensweise drücken sich in einer Reizüberflutung aus, die bis weit in den Expressionismus hineinreicht. Dabei wird die Großstadt meist als Ort des Elends und Schmutzes wahrgenommen, ein Ort, an dem alle Aspekte der Natur verloren gegangen sind. Dies zeigt sich z.B. im Großstadtmorgen (1886) von Arno Holz. Diesoziale Lyrik tauchte meist gemeinsam mit der Großstadtlyrik auf. Ihr Inhalt war meist mit scharfer Sozialkritik geprägt.
Als bedeutendster Lyriker des Naturalismus zählt Arno Holz, mit seinem Buch der Zeit (1886). Wichtige Merkmale seiner Lyrik sind Mittelachsenzentrierung, Verzicht auf Reim und Metrik, die den Rhythmus eines literarischen Werkes entscheidend beeinflussen.

Naturalistische Prosa

Epischen Kleinformen, wie Skizze, Studie, Novelle, Kurzerzählung, usw. wurden von den Naturalisten vorrangig verwendet. Thema der Prosaformen waren u.a. Auseinandersetzungen mit der Beziehung zwischen Dichter und Proletariat, Großstadt und Industrialisierung.
Eine vollkommen neue Erzähltechnik, die erstmals von den Naturalisten verwendet wurde, ist der Sekundenstil. Mit Hilfe dieser Technik wurde Sekunde für Sekunde Raum und Zeit geschildert, mit dem Ziel der Wiederspiegelung der Realität. Die Bezeichnung Sekundenstil wurde 1900 von Hanstein erfunden. Die Technik des Sekundenstils fand z.B. bei Bahnwärter Thielvon Hauptmann, oder Papa Hamlet von Holz/Schlaf Anwendung. Eine weitere Technik, die man häufig in naturalistischer Prosa antrifft, ist der innere Monolog, der häufig mit den Gestaltungsmitteln des Sekundenstils übereinstimmt.

 

Gestaltungsmittel des Sekundenstils:
  • photographische und phonographische exakte Wiedergabe der Wirklichkeit
  • kaum auktoriale Erzählweise, vorwiegend personale Erzählweise und Dialoge
  • exakte Darstellung der Dialoge mit allen Wörtern, Wortfetzen, Pausen, Dialekt, etc.
  • annähernd zeitdeckende Erzählung (Erzählzeit = erzählte Zeit) bis hin zum Zeitlupeneffekt (Erzählzeit länger als erzählte Zeit).