Text 2: Bundesrepublik Deutschland: Grundlagen der Staatsordnung

Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer, sozia­ler, parlamentarischer und föderativer Rechtsstaat. Die rechtli­che Ordnung der Bundesrepublik manifestiert sich in ihrer Ver­fassung - dem Grundgesetz (GG) vom 23. Mai 1949. Die Arti­keln 1 bis 19 des GG enthalten den Grundrechtskatalog, der im wesentlichen die klassischen Menschen- und Bürgerrechte nennt. Artikel 1 gibt den Schlüssel zu den Grundrechten: "Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt".

Die republikanische Form des deutschen Staates findet ihren ver­fassungsmäßigen Ausdruck vor аllеm in der Bezeichnung "Bun­desrepublik Deutschland". Äußerlich tritt sie vor аllеm dadurch in Erscheinung, dass der durch Wahl berufene Bundespräsident das Staatsoberhaupt ist.

Die demokratische Grundlage der Staatsordnung bildet das Prin­zip der Volkssouveranität. "Allе Staatsgewalt geht vom Volke aus", heisst es im Artikel 20 des Grundgesetzes. Das deutsche Volk übt die Staatsgewalt unmittelbar in Wahlen und mittelbar durch besondere Staatsorgane, die nach dem Prinzip der Gewal­tenteilung organisiert sind, aus. Formen unmittelbarer Demokra­tie wie Volksentscheid (Referendum) oder Volksbegehren sieht das Grundgesetz nur ausnahmsweise vor, nämlich nur für den Fall der Neugliederung des Bundesgebietes.

Die Gewaltenteilung ist Kernstück des Rechtsstaatprinzips. Die Funktionen der Staatsgewalt sind in Deutschland den voneinan­der unabhängigen Organen der Gesetzgebung (Legislative), der vollziehenden Gewalt (Exekutive) und der Rechtsprechung (Ju­dikative) übertragen. Verfassungsorgane mit vorwiegend legisla­tiven Aufgaben sind der Bundestag (Parlament) und der Bundes­rat (Länderkammer). Die exekutiven Aufgaben nehmen vоr allem die Bundesregierung mit dem Bundeskanzler an der Spitze und der Bundespräsident wahr. Die Funktion der Rechtsprechung kommt auf Verfassungsebene demBundesverfassungsgericht zu.

Zweites wesentliches Element des Rechtsstaatprinzips ist die vеrbindliche Geltung des Rechts für alles staatliche Handeln. Dieser Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung besagt, dass die vollziehende Gewalt nicht gegen geltendes Recht verstoßen darf (Vorrang des Gesetzes). Ferner darf die Exekutive in die Rechts- und Freiheitssphäre des einzelnen nur auf Grund einer gesetzli­chen Ermächtigung eingreifen (Vorbehalt des Gesetzes). Аllе Akte staatlicher Gewalt können von unabhängigen Richtern auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden, wenn ein Betroffener Кlage ег­hebt.

Der födегаtivе Aufbau Deutschlands bedeutet, dass nicht nur der Bund, sondern auch die 16 einzelnen Bundesländer Staaten sind. Sie haben eine eigene, auf gewisse Bereiche beschränkte Hoheitsgewalt, die sie durch eigene Gesetzgebung, Vollziehung und Rechtsprechung wahrnehmen. Gliedstaaten der Bundesrepu­blik sind die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bran­denburg, Bremen, Hamburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen.

Das sozialstaatliche Prinzip schließlich verpflichtet den Staat zum Schutz der sozial Schwächeren und zum ständigen Bemühen um soziale Gerechtigkeit. Der Sozialstaat zeigt sich beispielsweise in der Sozialversicherung mit ihren Leistungen für Alter, Invalidi­tät, Krankheit und Arbeitslosigkeit, in der Sozialhilfe für Bedürf­tige, in Wohnungsbeihilfen, im Кindergeld usw.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland und damit auch die Grundsätze der staatlichen Ordnung Deutschlands können nur mit der Zustimmung von zwei Dritteln der Abgeordneten des Bundestages und zwei Dritteln der Mitglieder des Bundesrates geändert werden. Einige Bestimmungen des Grundgesetzes, näm­lich die bundеsstааtliсhе Ordnung, die Gewaltenteilung, die Prin­zipien der Demokratie, des Rechts- und Sozialstaates dürfen nicht geändert werden. Zu diesen unantastbaren Verfassungsgrundsät­zen gеhöгt auch die Bekenntnis zur Würde des Menschen sowie der Kern der Grundrechte.

 

Textübungen

I. Übersеtzеn Sie folgende Adjektive mit dem Suffix -barins Russi­sche.

Примечание: Суффикс -bar, присоединяемый к основе суще­ствительного, имеет значение несущий: fruchtbar - плодородный (несущий плоды). Присоединяясь к основе глагола, этот суффикс обозначает возможность проuзведения соответствующего дей­ствия: zumutbar - допустимый; unzumutbar - недопустимый.

unmittelbar, mittelbar, wählbar, uпvеrziсhtbar, erzwingbar, ein­klagbar, strafbar, überschaubar, vermeidbar, erkennbar, über­tragbar, veränderbar, unantastbar

 

II.Übersetzen Sie folgende Wendungen ins Russische.

- den Ausdruck finden;

- in Erscheinung treten;

- durch Wahl berufen;

- die Aufgaben wahrnehmen;

- аn der Spitze stehen;

- gegen das Recht verstoßen;

- in die Rechtssphäre eingreifen;

- die Кlage erheben;

- etwas auf die Rechtmäßigkeit prüfen;

- zu den unantastbaren Grundsätzen gehören.

 

III. Finden Sie im Text Äquivalente folgender Wörter und Wendungen.

- находить свое выражение в ч-л;

- проявляться в ч-л;

- осуществлять государственную власть;

- не противоречить действующим нормам права;

- вмешиваться в сферу прав и свобод личности;

- проверять на соответствие нормам права.

 

 

IV. Ordnen Sie die Begriffe in der linken Spalte ihren Definitionen in der

rechten Spalte zu.

 

der Vorrang 1. der Verfassungsgrundsatz, dass Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung von gegenseitig unabhängigen Organen durchgeführt werden.
der Vorbehalt 2. ein Staat, in dem die Staatsgewalt an eine Rechtsordnung gebunden ist.
die Versicherung 3. ein Staat, in dem soziale Sicherheit und für alle ein möglichst hoher Sozialstatus angestrebt werden.
die Gewaltenteilung 4. höhere, wichtigere Stellung/
der Rechtsstaat 5. Bedingung, Einschränkung oder Voraussetzung.
der Sozialstaat 6. Vertrag, in dem der Versicherer gegen bestimmte Zahlungen (Beiträge) des Versicherten ddessen Gefahr übernimmt.
das Volksbegehren 7. unmittelbare Mitwirkung (also nicht nur durch die Wahlen) des Volkes an der staatlichen Gesetzgebung oder an sonstigen staatlichen Entscheidungen.
der Volksentscheid 8. das Verlangen nach Erlaß eines Gesetzes oder Herbeiführung eines Volksentscheids.

 

V. Füllen Sie die Liicken im folgenden Text mit den Wörtern und Wen­dungen aus dem Kasten aus

Das Grundgesetz

Die Verfassung der BRD, verkündet am_____, erhielt den Namen____, um deutlich zu machen, dass es sich um eine vorläufige Staatliche Grundordnung für den westlichen Teil des ehemaligen Deutschen Reiches handelte. Das Grundgesetz wurde уоm____beschlossen,der verfassungsgebenden Versammlung der drei west1ichen Besatzungszonen Deutschlands.

Das Grundgesetz_____146 Artikel. Artikel 93, Аbsatz 1 regelt die_____des Bundesverfassungsgerichts. In den Artikeln 1 bis 19 gагаntiегt das Grundgesetz ______ der Büirger wie Menschenwürde, Gleichberechti­gung, Meinungsfreiheit oder Freizügigkeit. Grundrechte dürfen in ihrem Wesensgehalt nicht____ werden. Das Grundgesetz enthält ferner____ über Organisation und Funktiоn eines demokratischen Staatsaufbaus in einem födегаtivеn Sy­stem.

Verfassungsbestimmungen können nur durch_____geändert oder ergänzt werden, wenn____ der Mitglieder des Bundestages und Bundesrates zustimmen. Nicht ______ sind die Gliederung des Bundesin Länder, die Mitwirkung der Länder an der____ sowie die Grundsätze der Menschenwürde und der Demokratie.

 

veränderbar; das Grundgesetz; die Grundrechte; die Gesetzgebung; 23.Mai 1949; das Gesetz;

angetastet; Parlamentarischen Rat; zwei Drittel; umfasst; bindende Vorschriften; Aufgaben und Befugnisse

 

VI. Beantworten Sie die folgenden Fragen zum Text.

1. Wo manifestiert sich die rechtliche Ordnung der BRD?

2. Wie sind die Grundrechte, die im Artikel 1 des Grundgesetzes dargestellt sind?

3. Wie findet die republikanische Form des deutschen Staates ihren verfassungsmäßigen und äußerlichen Ausdruck?

4. Was bildet die demokratische Grundlage der Staatsordnung?

5. Was bedeutet die Volkssouveränität?

6. Was gehört zu den Formen unmittelbarer Demokratie?

7. Wie tritt das Rechtsstaatprinzip in Erscheinung?

8. Welche Organe gehören zu den gesetzgebenden Organen?

9. Welche Organe erfüllen die Funktionen der vollziehenden Gewalt?

10. Welchen Organen kommt die Funktion der Rechtsprechung zu?

11. Was bedeutet das Prinzip des Vorrangs des Gesetzes?

12. Können alle Akte staatlicher Gewalt von unabhängigen Richtern auf ihre Rechtmäßigkeit geprüft werden?

13. Wie kommt der föderative Aufbau der BRD zum Ausdruck?

14. Was besagt das sosialstaatliche Prinzip?

15. Wo zeigt sich der Sozialstaat?

16. Wie können das Grundgesetz und die Grundsätze geändert werden?

17. Welche Verfassungsgrundsätze dürfen nicht geändert werden?